Theaterabend am 10. April 2019 "Alles über Liebe" von Stephan Eckel

dazu schreibt Stephan Sadowski


Keine Chance für die Liebe


Stephan Eckels "Alles über Liebe" war am Mittwochabend in der Rheinhausen-Halle zu sehen. Eine etwas dürftige Komödie - mit einer fabelhaften Renan Demirkan


Rheinhausen. Es ist vielleicht schon eine Modeerscheinung, wenn Ehepartner bei der kleinsten Krise zum Paartherapeuten rennen, und diesen Termin neben der Mutter-Kind-Gruppe und dem Fitness-Studio fix in ihren Zeitplan mit einkalkulieren müssen. Das Stück "Alles über Liebe" von Stephan Eckel entwickelt sich zu einer bitter-bösen Komödie in der Rheinhausen-Halle. In der Hauptrolle ist die bekannte Schauspielerin Renan Demirkan, die die völlig überzogene Paartherapeutin Edeltraut Meyer-Wölk abgibt. Mit großen Gesten und weißer Tunika versucht sie, die kriselnde Ehe von Anna (Tanja Schumann) und Carlos (Giovanni Arvaneh) zu retten. Was aber 650 Zuschauer nicht wissen - die Therapeutin leidet selbst noch an einer verflossenen Liebe und soll jetzt beste Ratschläge geben.

Das versucht sie mit einer merkwürdigen Mischung aus Yoga- und Pilates, hinzu kommt ein Schuss (gerüplste) Waldorf- und Erlebnispädagogik. Das kommt bei Carlos garnicht gut an: "Für das Geld, was wir bei Ihnen bezahlen, könnten Sie uns was ganz anderes anbieten als Wasser - vielleicht ein Buffet?"- damit sind die unterschiedlichen Standpunkte schon klar verteilt.


Bitte keinen Körperkontakt


Darauf lächelt Edeltraut Meyer-Wölk: "Wie wär es, wenn Sie ihren Partner zu Beginn der Sitzung erstmal umarmen?" - somit bringt sie ihren Clienten Carlos schon ein wenig in Rage. Denn so wirklichen Körperkontakt mit seiner Frau Anna will Carlos garnicht mehr haben, seitdem das Reihenhaus steht und beide nur noch Taxi für die zwei heranwachsenen Kinder spielen. Das geht sogar soweit, dass sich Anna in der Mutter-Kind Tanzgruppe bei einem Fest noch verkleiden muss.

Aus Sicht der Therapeutin leiden beide unter einem ausgeprägten Problem, dass sie mit ihrer Mutter haben. Carlos reduziert es auf die fehlenden Kochkünste von Annas Mutter: Wenn man das allein vom Essen aus betrachtet, bist du vom Bofrost-Mann aufgezogen worden", scherzt er.


"Wie wäre es, wenn Sie den Partner erstmal umarmen?" Therapeutin Edeltraut Meyer-Wölk

(Renan Dermikan). Ihr Vorschlag zu Beginn der Therapiesitzung kommt bei Carlos allerdings nicht gut an.


Das Chaos nimmt seinen Lauf, beide machen sich die größten Vorwürfe und beschimpfen sich, so dass die Therapeutin natürlich eingreifen muss: "Halt! Wie wäre es mit einer Entspannungsübung", sagt sie und schürt natürlich nur den Zorn der beiden weiter an. Am Ende wird klar, das Carlos Nerven auch deswegen blank liegen, weil sein Architekturbüro kurz vor der Zahlungsunfähigkeit steht und Anna mit ihrer Rolle als Mutter vollkommen überfordert ist. Als sich dann noch die Paartherapeutin an ihre verflossenen Liebe erinnert und in ein Loch fällt, versuchen Anna und Carlos ihr zu helfen.

So war das Stück zwar sehr impulsiv gespielt, doch leider sehr dürftig vom Plot und für den Betrachter allzu berechenbar - auch in den Witzen - viele Gäste forderten anfangs die Schauspieler auf, lauter zu sprechen. Doch am Ende tobten 650 Zuschauer besonders für Renan Demirkan, die erst kürzlich an der Seite von Erol Sander im Format "Mordkommission Istanbul"-Krimi zu sehen war....

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Kinder, Kinder

700 Zuschauer erfreuten sich in der Rheinhausen-Halle an bestens aufgelegten Schauspielern um Lukas Schöttler. Ein Stück über eine eigentlich wohlsituierte Familie


Stephan Sadowski schreibt u. a.


"Wunschkinder" sind nicht nur schön formbare Kleinkinder, die brav machen, was man ihnen aufträgt. Irgendwann verlassen die sogenannten Wunschkinder auch einmal den Weg, der ihnen von den über ihnen schwebenden "Helikoptereltern" vorgeschrieben wird - und fangen an selbst zu leben. Wenn das allerdings erst mit 19 Jahren passiert, wird es für alle Beteiligten, Eltern und Kinder, schwierig.

700 Zuschaer sahen einen gut aufgelegten Martin Lindow in der Rolle des wohlsituierten Entwicklers Gerd, dessen Sohn Marc (Lukas Schöttler) nach mäßigem Abitur so ziemlich alls sich um einen Job oder Praktikumsplatz zu kümmern. Das ständige Abhängen seines Sprösslings geht Gerd mächtig auf den Zeiger. "Wenn ich meinen Sohn treffen will, muss ich nur nachmittags um vier am Külschrank sein" so Marcs genervter Vater Gerd.

"Ich finanziere dich noch drei Monate-dann suchst du dir einen Job."

Doch da genau tritt Selma, gespielt von Josepha Grünberg, auf den Plan, und nach kurzer Liebelei mit Marcstellt sie fest, dass sie schwanger ist. Von jetzt an gerät das eher komische Gerüst der Charaktere ins Wanken _ und eine gewisse Schwermut und Tragik legt sich über die Personen - letztendlich hilft keiner der Umstehenden Marc und Selma in ihrer Lebenskrise.

Gerd würde eine Abtreibung finanzieren. Seine Frau Bettine (Ulla Wagener) bietet hingegen an, das Kind bei sich als Oma großzuziehen. Dann ist da noch die auf LSD hängen gebliebene Heidrun, die Mutter von Selma (Katharina Heyer), die sich erinnert, dass Selma aus einem One-Night-Stand entstanden ist. "Sie ist kein Kind der Liebe" stammelt sie. Die Tragik nimmt ihren Lauf. Vater und Sohn geraten wütend aneinander. 

Jeder bleibt für sich allein

Letztendlich bleibt jeder der Charaktere mit seinen Problemen und Befindlichkeiten für sich allein - in dem Bühnenbild, das einem durchsichtigen Tribünenaufbau in der Inszenierung von Volker Hesse ähnelt, bleibt nichts für die anderen  Mitspieler unentdeckt. Und jede der Personen befindet sich je nach Stimmungslage auf der höchstenStufe - oder eben unten.

Am Ende liegt Selma alleine unten - sie hat nach dem ganzen Durcheiander das Kind verloren, gerade als Marc zurückkehrt  und die die Zukunft mit ihr planen will.


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Ein Bettler, vor und auf der Bühne


Ein Stück über Nächstenliebe mit allerlei Wendungen präsentierte sich den Zuschauern in der Rheinhausen-Halle:  "Auf ein Neues" mit Marion Kracht 


Larissa Wettels schreibt u.a.


Rheinhausen. Da stand er, im Foyer der Rheinhausen-Halle: Mit abgenutztem Mantel, strähnigen Haaren, einem Becher vor den Füßen und einer Gitarre in der Hand. Der Mann sang, schaute die Menschen an. Niemand blieb länger stehen. Kaum einer ahnte, dass dieser Mann gleich auf der Bühne stehen würde.

"Männer sind Kinder, die nur wie Erwachsene angezogen sind" Catherine zu ihrer Tochter Sarah, für die sie viele Weisheiten dieser Art parat hatte.                                                                                                                          Es ist dieses Nicht-Zutrauen, das Missachten, die Ellenbogen-Gesellschaft, der in den folgenden zwei Stunden der Spiegel vorgehalten wird. Es war das Stück "Auf ein Neues" des französischen Dramatikers Antoine Rault, das zahlreiche Zuschauer neugierig machte. Als die Bühne in Licht getaucht wurde, entdeckte man eine einfache Szenerie. Es scheint als setzte Theatermacher Martin Woelffer in seiner Inszenierung bewusst schlichte Akzente: Ein karges, wenn auch modernes Wohnzimmer, ein Sofa, ein Küchentisch - das ist alles. Es ist die Pariser Wohnung von Catherine (gespielt von Marion Kracht, erstmalig auf der Rheinhausener Bühne). Die Karrierefrau hat allerhand zu tun: Es ist Heiligabend und alles soll perfekt sein. Perfekt? Fast. Wäre da nicht der Obdachlose Michelle (gespielt von Daniel Morgenroth). Er sitzt im Hausflur und "muss schleunigst weg", wie Chaterine findet. "Waren sie schon mal in einer Unterkunft mit zehn Männern auf Entzug?", fragt Michelle und wirft die im Stück grandios bediente Was-wäre-wenn-Konstellation auf.

Als Michelle verschwindet, kommt Catherines pubertäre Tochter Sarah (gespielt von Emma Henrici) ins Spiel. Löchrige Hosen, rote Kopfhörer und Dessous: "Alle tragen das. Alle sind so", findet Sarah. Als Sarah erfährt , dass ihre Mutter den Obdachlosen Michelle wegschickte, ist sie schockiert. Abitur machen, Leistung bringen, damit man "nicht so wird wie er" - nur das scheint Catherine wichtig. Um Sarah ihre Nächstenliebe zu beweisen, lädt Catherine Michelle widerwillig ein. Zwei Welten prallen aufeinander: Der heruntergekommene, alkoholisierte ehemalige Informatiker mit Herz trifft auf die herzlose Karrierefrau.

Nach der Pause die Überraschung: Michelle steht im Anzug auf der Bühne. Catherine beginnt die Mission Karriere, immer wieder "auf ein Neues".  Gefühlskälte, Struktur, aufrechte Haltung, damit soll Michelle beim Bewerbungsgespräch punkten - und verliert. "Was bringt es wenn Sie solo im Kleidchen umherlaufen, viel arbeiten?"

fragt Michelle Catherine und fügt an: "sind Sie glücklich?"

Michelle und die Münze

Monate später erblickt das Publikum eine andere Szenerie: Catherine sitzt einsam weinend im Hausflur. Michelle kommt vorbei, hat Arbeit und eine Wohnung. Er wirft Catherine eine Münze vor die Füße. Catherine ist nun arm, gefühlsarm. Als Michelle sie zum Essen einlädt, endet das Stück als gefühlvoll-komödiantische Romanze. In ihren Rollen schafften alle drei Schauspieler einen besonderen Moment, in dem man mit den Charakteren fühlte. Großen Applaus gab es für die Inszenierung, die nicht nur zur Weihnachtszeit die Nächstenliebe in den Mittelpunkt stellt.



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Ein Hauch von New York


Meryl Streeb und Clint Easstwood machten "Die Brücken am Fluss" 1995 weltberühmt. Jetzt ist die Geschichte auf Tour und machte auch in Duisburg Station

Larissa Wettels schrieb u.a.


Rheinhausen. Liebe könnte so einfach sein. Aber wenn sie einfach wäre, fehlte es ihr nicht an musicalreifer Spannung? Es war eben jene Spannung, jene Neugier auf den sprühenden Funken, der am Samstag in der Rheinhausen-Halle zu spüren war. Die Konzertdirektion Landgraf brachte das Musical "Die Brücken am Fluss" auf die Bühne. Es blieb nahezu kein Sitzplatz frei. Zuschauer unterschiedlichen Alters kamen, um sich das Musical anzusehen.

"Der Broadway war damals ein bischen weit weg." so Zuschauerin Justine Hohmann

Sie las bereits Robert Wallers Roman "The Bridges of Madison County". "Als ich gesehen habe, dass das Stück hier aufgeführt wird, hat mich das sehr gefreut", sagte die 67-jährige. 2014 lief das Theaterstück in New York - weltberühmt wurde die Geschichte bereits 1995 durch die Verfilmung mit Meryl Streep und Clint Eastwood.

In Rheinhausen war nun das Musical aus der Feder von Jason Robert Brown und Marsha Norman zu sehen. Ein zunächst etwas zäher, später aber erstklassig unterhaltsamer Abend. Maike Switzer glänzte in der Rolle der verheirateten Farmersfrau Francesca. Als sie den Fotografen Robert (Christian Alexeander Müller) kennenlernt, nimmt ihr Leben eine Wende. Robert ist gekommen, um die Brücke von Madison County zu fotografieren und fragt Francesca nach dem Weg. Das Schicksal nimmt seinen Lauf. Im Gegensatz zum trägen Ehegatten Bud (mit Kappe und Karo-Hemd: Udo Eickelmann) verkörpert Robert den modernen Mann von Welt.

Zwischen Alltag und Abenteuer

Zwischen Country und opernhaften Gesängen schaffen die Ensemblemitglieder ein harmonisches Bild. Im Ohr bleiben Lieder wie "Wehn I`m Gone" und das Liebesduett "One Second and a Million Miles". Die Welt scheint auf die Größe einer Brücke geschrumpft. Dabei hielten die Schauspieler der Gesellschaft den Spiegel vor: Unterdrückte Sehnsüchte, Liebeshierarchien und der Kampf zwischen Alltagstristesse und Abenteuer sind auch im wahren Leben zu finden.

Nachdenklich stimmte der Schluss: Erst die Unendlichkeit führt das Paar zusammen. Für die gegen Ende entspannt werdende Darbietung gab es großen Applaus vom Publikum, das vom Musical sichtlich angetan war. 



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Wenn der Geist nicht mehr mitspielt


In der Theaterproduktion "Vater" erleben die Zuschauer, wie sich die Wahrnehmung der Hauptperson stetig verändert. Beklemmendes Stück, großartige Schauspieler


Stepfan Sadowski schreibt u.a


Rheinhausen. Viele der etwa 650 Zuschauer hatten wohl noch die Bilder aus dem Kino-Hit "Honig im Kopf" mit Dieter Hallervorden im Kopf, als sie in der Rheinhausen-Halle das Theaterstück "Vater" des französichen Erfolgsautors Florian Zeller betrachteten. Der Charakterdarsteller Ernst-Wilhelm Lebnik spielt die Hauptrolle des an Alzheimer erkrankten Andres`, dessen Wahrnehmung sich mehr und mehr verändert.

"Die Darstellung ist mir zu hart und nüchtern" so eine Zuschauerin nach dem Stück in der Rheinhausen-Halle


Das besondere des Werkes: Der Zuschauer schlüpft unmittelbar in die Perspeltive der Hauptperson Andre` und kriegt die Veränderung seiner Wahrnemung direkt mit - weiß aber am Ende selbst nicht mehr, was ist real und was fiktiv. Als seine Tochter Anne (Irene Christ) ihm sugeriert, dass sie mit ihrem neuen Geliebten nach England gehen will, kann Andre`es nicht glauben - er denkt, sie lebe schon lange glücklich mit ihm in ihrer Eigentumswohnung in Paris. Genauso verschwimmt die Wahrnehmumg, als ein in weiß gekleiderter Pfleger auftaucht und Andre`handgreiflich droht: "führe uns hier nicht an der Nase herum" So, als ob Andre`seine Krankheit nur spiele. Und auch der Zuschauer weiß nicht mehr, ob es Traum oder Realität ist, was da gerade auf der Bühne passiert.

Im gleichen Zuge werden die Schritte nüchtern und sachlich abgearbeitet, die die nächsten Angehörigen beim Fortschreiten der Erkrankung unternehmen. Eine Ganztagsbetreuung wird engagiert - und hier entsteht ein kurzer Moment der Hoffunung für den Zuschauer, denn Andre´sieht in der Betreuerin seine über alles geliebte Tochter Elise`. An dieser Stelle spürt man erstmals menschliche Wärme bei Andre`, die er sich gegenüber seiner Tochter Anne möglichts verkneift.

Und der Verlauf des Gedächtnisverlusts schreitet voran. "Irgend etwas Seltsames passiert, als hätte ich kleine Löcher im Gedächtnis, winzig klein, mit bloßem Auge nicht zu sehen", stammelt Andre`plötzlich nur noch, währen Pierre als Freund von Anne darauf pocht, ihren Vater in ein Altenheim zu stecken. Damit wieder Frieden in ihr Privatleben einkehrt.

Die Tragik der Hauptperson ist unverkennbar, "beraubt" von sämtlichen persönlichen Gegenständen, die Andre`als Person ausmachen, wie seinem geliebten Plattenspieler oder seinem Knautschsessel, steht er entwürdigt im Pyama - auf einem Flur im Altenheim. So führt Florian Zeller ein sehr krasse Bild des Krankheitsverlaufs den Zuschauern vor.


Gags, die aber nicht zündeten 


Zwar ist die Geschichte gespickt mit hübschen Gags, "haben Sie eine Rechnung für ihre Armbanduhr", fragt Andre" den Pierre, nachdem ihm seine Uhr abhanden gekommen ist. Aber sie zünden nicht wie bei Dieter Hallervorden - dafür kommt der Schauspieler Ernst-Wilhelm Lenik zu sehr aus dem ernsten Fach - und kann wohl besser "King Lear", als eine zugespitzte Komödie spielen. Gelacht wurde selten...


Anmerkung von Wilhelm Breidenbach

Ich fand die Aufführung großartig und habe das auch von zahlreichen Besuchern bestätigt bekommen. Es zeigt sich, dass es bei einem solchen Thema schwierig ist, manche Handlungen als gelungene Gags darzustellen und nicht Gefahr zu laufen in die Lächerlichkeit abzugleiten. Ich finde, das ist den spielenden Personen gut gelungen. Das Stück gab ausreichend Gelegenheit sich mit diesem Theama zu befassen. Sehrgut gespielt von sehr guten Schauspielern. 

 


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Terror


 Schauspiel von Ferdinand von Schirach


Ein  großartiges und  glänzend dargebotenes Schauspiel mit einem vom Publikum bestimmten Ende.  Die eine  oder andere  vorgefasste Meinung, wurde durch die Argumentation der Verteitigung oder der Staatsanwaltschaft,  sicherlich noch korrigiert. Ein  bemerkenswerter Theaterabend. Er hätte ein volles Haus verdient




Die Presse schreibt:


 

Vom Wert eines Menschenlebens


Beim Theaterstück "Terror" urteilten die Gäste in der Rheinhausen-Halle über einen

Kampffliegerpiloten, der ein gekapertes voll besetztes Passagierflugzeug abschoss


Kann sich ein Einzelner über das Gesetz stellen, und ein vollbesetztes Flugzeug abschießen, wenn es dazu dient, , einen größeren Anschlag auf ein mit  70.000 Menschen gefülltes Stadion mit dieser Aktion zu vereiteln? Was ist in dem Moment mit der Würde der im Passagierflugzeug befindlichen und vom Kampfflieger getöteten Menschen? Kann man Menschenleben mit Menschenleben aufwiegen? Diese Frage beschäftigten knapp 500 Zuschauer bei dem Theaterstück "Terror" von Ferdinand von Schirach in der Rheinhasen-Halle. Das Besondere: Das Publikum agiert als Schöffengericht und  durfte in der Pause, nach der Beweisaufnahme quasi, abstimmen, ob der Kampffliegerpilot, der das Passagierflugzeug eigenmächtig abschoss, nach geltendem Recht  zu verurteilen ist.


  Nun um es vorwegzunehmen: 273 Rheinhauser Schöffen stimmten für "unschuldig", lediglich 76 der teilnehmenden Zuschauer plädierten für eine Verurteilung des Kampfpiloten, Lars Koch, gespielt von Christian Mayer.  So ist das Urteil ähnlich wie bei der bundesweiten Abstimmung, nachdem das Kammerspiel "Terror" mit Martina  Gedeck als Staatsanwältin im Fernsehen gezeigt wurde - also erwartbar. Dabei führt die Staatsanwältin Nelson, gespielt von Annett Kruschke, ein eingehendes Plädoyer für die Moral und die Prinzipien des Staates, die im Grundgesetz verankert sind.


"Verurteilen, aber mit mildernden Umständen" Idee  einer Zuschauerin. Diese konnten aber lediglich mit ja oder nein stimmen.


Eigentlich ethische Allgemeinplätze, die ein friedliches Miteinander erst ermöglichen. "Ist die Würde der Menschen im Stadion mehr wert, als die der Passagiere im Flugzeug, die durch den Abschuss zu Tode kommen?", fragt sie rhetorisch und ist damit nah an der zentralen Frage. Auch wenn diese nur  noch wenige Minuten zu leben hätten, dürfte man "ihr Leben nicht durch den  Abschuss verkürzen". Da geht es um die  Autorität des Staates, der durch die unverrückbaren Prinzipien zum Spielball der Terroristen werden kann. Meint zumindest der nonchalante Verteidiger Biegler, gespielt von Christoph Schlemmer. Als er viel zu spät, mit Coffee to go in der Hand und Hosenklammern an den Beinen in den Gerichtssaal hastet, wird er vom vorsitzenden Richter ermahnt: "Jetzt ziehen Sie sich erstmal Ihre Robe an!" So schafft man unterbewusst Sympathien im Publikum, die in eine bestimmte Richtung ausschlagen sollen - während gegen diesen Colombo artigen Verteidiger eine überkorrekte Staatsanwältin agiert.


Wer ist verantwortlich?


Dabei sind die Verantwortlichen für diese Extremsituation, in der  Lars Koch als prinzipientreuer Major der Luftwaffe   das vollbesetzte Flugzeug abschießt, ganz woanders zu suchen. Der Krisenstab, der zur Lagebesprechung in der Nato-Basis für die Luftraumüberwachung bei Uedem zusammenkommt, erscheint in der Verhandlung als zu zögerlich. "Hätten Sie das Stadion nicht räumen lassen können?" fragt die Staatsanwältin den Zeugen Oberstleutnant Christian Lauterbach, zackig und durchs Militär verbrämt dargestellt von Peter Donath. Dieser hat als Vorgesetzter des jetzt Angeklagten auch im Kontakt unmittelbar mit dem Verteidigungsminister gestanden, der wiederum den Abschussbefehl verweigerte.


"Die Räumung der Allianz-Arena hätte 15 Minuten gedauert laut Katastrophenplan"; so Staatsanwältin Nelson. Doch darüber wurde  vom Krisenstab nicht nachgedacht, und die Zuschauer erleben einen drucksenden Zeugen Lauterbach. So ist das Urteil für den Freispruch zu früh erwartbar - eine Zuschauerin fasste ihre Meinung in diplomatische Worte: "Der Pilot hätte verurteilt werden müssen für den Abschuss der 164 Flugzeugpassagiere - aber mildernde Umstände für die Rettung de 70.000!" Sicherlich nicht schlecht, jedoch die Zuschauer konnten nur mit ja und nein  urteilen....


Von Stephan Sadowski



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Zum Start ein Dinner für Spinner


Theaterfreunde kommen jetzt wieder auf  ihre Kosten. Sonntagabend begann die neue Saison. Ein Auftakt mit einem überragenden Ex-TV-Hausmeister Tom Gerhard


von Stefan Sadowski


Das Theaterstück "Dinner für Spinner" geschrieben von Francis Veber, ist ein Paradebeispiel dafür, wie eine unglückliche Verkettung von Ereignissen einen Menschen in den Ruin stürzen kann - fast jedenfalls.  Fast im Knast  landet nämlich der erfolgreiche Verleger Peter Küsenberg, zum Verzweifeln gespielt von Moritz Lindbergh. Zusammen mit seinen Kumpels aus der High-Society  macht er sich einen Spass daraus, irgendwelche Freaks mit außergewöhnlichem Hobby bei einem gemeinsamen Abendessen vorzuführen, und zu verhöhnen. Doch dieses Dinner findet nicht statt.


"Sind da auch Dackel bei?"

Denn Peter hat die Rechnung ohne den Finanzbeamten Matthias Bommes, gespielt vom überragenden Tom Gerhardt, gemacht. Matthias baut, seitdem ihn seine Frau verlassen hat, Modelle berühmter Bauwerke mit Streichhölzern nach: "Von vier bis 40.000 Stück. Erst gerade habe ich die Leverkusener Brücke an der A1 fertiggestellt!"


Lokalkolorit darf nicht fehlen in dem Stück, aber Tom Gerhardt spielt diesen nervösen Finanzbeamten so wunderbar halbautistisch wie  man es aus seinen Hausmeister-Krause-Comedysitcoms aus den 1990ern kennt, und selbst seine Vorliebe für gewisse Hunde hat er nicht verloren: "Sind da auch Dackel bei?" fragt er später, als Peters Geliebte Marlen von ihren Hunden erzählt.


Kein Fettnäpfchen lässt Matthias aus: Als Peters Frau Christine (Tina Seidel) in der Wohnung auftaucht, hält er diese für Peters mannstolle Geliebte Marlen und erzählt der Ehefrau natürlich unweigerlich, wie oft Peter es mit Marlen in der Woche "treibt", nachdem er kurz von diesem gebrieft wurde. Christine ergreift die Flucht. Wunderschön hanebüchen wird es dann, als Matthias auch noch den Steuerfahnder Ludwig Busch (überkorrekt: Stefan Preiss) auf den Plan bringt, weil der als einziger  weiß, wo die Wohnung des vermeintlichen Liebhabers von Peters Frau ist - Grund: Der neue "Lover" Baumann ist ein Fall in seinen Akten. "Von wegen Liebesnest - das ist eine richtige Bumsbude da!", krakelt Ludwig zur Belustigung der etwa 700 Zuschauer in der Rheinhausen-Halle, als er die Adresse verrät.


Verwechslungen und Turbulenzen

Jedenfalls gerät Peter jetzt selbst unter Druck, da er Bilder, die aus Schwarzgeldgeschäften  resultierten, mal eben schnell vor dem Erscheinen des Steuerfahnders Ludwig verstecken musste. Lustig ist auch, wie der schummelnde Verleger dann einen 96er Rothschild-Wein mit Essig streckt - nur damit Ludwig nichts von seinem Reichtum bemerkt - und die Zuschauer selbst aus dem Prusten nicht mehr heraus kommen, als der Finanzbeamte röchelnd den gepanschten Wein probiert.


Die Verwechslungen und Turbulenzen steigern sich immer mehr, Ludwig selbst werden noch von "Bumsbock" Baumann "Hörner aufgesetzt", und der Steuerfahnder entdeckt Peters illegal beschaffte Kunstwerke in der Abstellkammer - nur am Ende merkt  Matthias der das ganze Chaos angezettelt hat, dass er eigentlich nur vorgeführt werden sollte bei diesem "Dinner für Spinner - und sich wissentlich an Peter dafür gerächt hat.


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Festakt zum 70 - jährigen Bestehen

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Vor dem Theaterstück gab es einen kleinen Festakt von der Vereinigung für Kunst und

Wissenschaft Rheinhausen e.V., die in dieser Spielzeit ihr 70-jähriges Bestehen feiert


Es gab Reden vom 1. Vorsitzenden Wilhelm Breidenbach und von Max Bader, dem

künstlerischen Leiter der Konzertdirektion Landgraf, die seit langer Zeit das

Theaterprogramm mit der Vereinigung bestreitet. Eingerahmt war der Akt von

Beitägen von Hüsch-Rezitator Joachim Henn und dem Musikensemble DUO Juno.

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Aktuelles - Neues aus der Vereinigung

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